Wie weit sollte CMS-Abhängigkeit gehen?

Diese Frage stelle ich mir, seit ich auf der tekom-Frühjahrstagung im Vortrag „Content-Management powered by PI-Mod“ von Stephan Steurer mit Special Guest Prof. Ziegler saß. PI-Mod ist ein XML-Standard für Dokumentation, der vor ca. 4 Jahren unter Federführung von Prof. Wolfgang Ziegler entstand und in den die Anforderungen aus vielen Kundenprojekten aus dem Maschinen- und Anlagenbau einflossen.

Eine sehr interessante Eigenschaft von PI-Mod ist die Trennung zwischen den dahinterliegenden Konzepten und der Implementierungslogik. Das heißt PI-Mod liefert keine Mechanismen mit, die vorgeben wie z.B. wiederverwendet wird oder Dokumente aggregiert werden. Wenn man sich die Redaktionssysteme heutzutage so anschaut, hat da sowieso jedes seine eigene Verfahrensweise. Und indem man sicht mit PI-Mod nicht festlegt,  hat man eine sehr viel größere Freiheit bei der Auswahl eines Redaktionssystem.

Das ist nun ein völliger Gegensatz zu DITA, das  out-of-the-box alles liefert, was das TR-Herz begehrt. Damit schreibt es aber auch gleichzeitig ziemlich viel vor. So muss man sich als DITA-einsetzende Redaktion dann fragen:

  • Nehme ich ein DITA-spezialisiertes CMS?
    Die Auswahl ist aktuell noch gering und damit die Chance hoch, dass es verschiedene andere Anforderungen nicht erfüllt.
  • Nehme ich ein CMS, benutze dessen Mechanismen für z.B. Publikation, Aggregation, und mache mich von dem CMS quasi abhängig?
    Eröffnet einem eine große Auswahl und damit eine größere Chance das in jeder Hinsicht richtige System zu finden.
  • Nehme ich ein CMS, lasse die Unterstützung der DITA-Mechanismen einbauen und bin somit systemunabhängig?
    Man hat jederzeit die Möglichkeit das CMS zu wechseln. Die Infrastruktur läuft auch (quasi) ohne CMS.

Fazit

Es ist eine leicht philosophische Frage, die kaum einfach so zu beantworten ist. Wer voll auf der DITA-Schiene fährt, möchte in der Regel gerne ziemlich viel selbst bestimmen können und da ist es nur logisch, dass man ein ungutes Gefühl dabei hat bestimmte DITA-Möglichkeiten nicht zu nutzen, sondern sich abhängig von den Systemgegebenheiten zu machen. Andererseits stellt sich auch die Frage, ob man je wirklich das CMS wechseln wird. In der Regel war es schon schwer genug das eine zu bekommen! Aber man weiß ja nie… Allerdings weiß man auch nie, ob man nicht vielleicht auch mal den Standard wechselt, weil es inzwischen ein viel besseren gibt?

Wie seht ihr das?

4 Gedanken zu „Wie weit sollte CMS-Abhängigkeit gehen?“

  1. Die Diskussion um PI-Mod, DITA oder andere Standards ist mMn überbewertet. Ein CMS wird eingeführt, um bestimmte Prozesse – in der Regel Übersetzungen und Varianten-Publikationen – effizienter zu machen. Die verwendete DTD steht dann erst an zweiter Stelle, denn natürlich muss die XML-Struktur die Dokumentation ermöglichen. Aber ein CMS wird wegen anderer Kriterien ausgesucht, zumal sich viele der Systeme mit unterschiedlichen Strukturen betrieben lassen.

    Weder PI-Mod noch DITA sind für die Produkte einer bestimmten Firma automatisch passend, beide Strukturen enthalten entweder zu viele oder zu wenig Elemente. Nach meinen Erfahrungen sind die meisten Implementationen auch dieser sogenannten Standards »spezialisiert«, d.h. individuell angepasst.

    Und jedes CMS löst zudem vielfältige Aufgaben, die nicht im Rahmen von PI-Mod oder DITA geregelt sind, z.B. Versionierung oder die schon angesprochenen Übersetzungen. Ein Wechsel des Systems ist deshalb nie leicht.

    [Disclaimer: Ich arbeite für einen Systemanbieter.]

  2. Es ist wichtig zu unterscheiden zwischen der Welt der Tools (CMS, Authoring) und der Welt der Informationsarchitektur. DITA, PI-Mod etc. könnte man auch ohne das Open Toolkit in Microsoft Word betreiben, wenn man nur diszipliniert und standardisiert genug arbeitet (und nicht Unmengen von Content verwalten, erstellen und layouten muss).

    Redaktionssysteme, die JEGLICHE Informationsmodelle auf XML-Basis unterstützen, sollen einem ja „nur“ die Arbeit abnehmen, alles selbst machen zu müssen (Informationsmodell entwickeln, Style-Sheets schreiben, Re-use-Konzept entwickeln). Hier beginnt die echte Abhängigkeit von den Herstellern, da diese sich leider selten in die (technischen) Karten schauen lassen.

  3. Hallo Corinna,

    danke für deinen Kommentar. Ich sehe es allerdings nicht so, dass Redaktionssysteme mir die Arbeit abnehmen, Informationsmodelle und Re-Use-Konzepte zu entwickeln. Genau das sind 2 Punkte, die man unbedingt vorher überlegt haben sollte. Die Wahl des passenden Redaktionssystems hängt dann davon ab, ob es diese Punkte technisch unterstützen kann – sonst kann man ja auch einfach irgendeins nehmen.

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