tekom15: Faster than agile

So, nach der ganzen DITA-Aufregung kommen wir nun zu etwas völlig anderem. Naja, ein bisschen DITA ist auch dabei, aber hey, ihr wisst, wo ihr hier lest 😉

Ich habe mir Jang Graats Vortrag „Faster than agile“ angeschaut. Gerade bin ich wieder mittendrin in einem agilen Projekt und da klang das doch vielversprechend.

Vorab muss ich sagen, dass ich das Agile-Bashing hier etwas arg konstruiert fand. Jang kritisierte, dass wir als Redakteure in agilen SW-Projekten schnell dabei sind die ganzen Arbeitsweisen der Entwickler zu übernehmen: Versionsverwaltung, Nightly builds… Worum es ihm aber eigentlich geht ist, dass wir Redakteure uns von diesem Publikationsparadigma verabschieden sollen, d.h. zu einem definierten Zeitpunkt generieren wir alle Publikationen und liefern sie dann aus.

Live-Content statt Publikation

Die Probleme fangen da an: wenn man für mehrere Produkte, Variante, Endgeräte, Zielgruppen und Sprachen generiert, kommt schnell eine beachtliche Menge zusammen, die bei Updates publiziert werden muss. Das nimmt zum Einen viel Zeit in Anspruch und zum Anderen benötigt man viel Speicherplatz für die Vielzahl von Publikationen.

Seine Lösung für die Zukunft ist das Live-Publishing von Content on demand, d.h. in dem Moment in dem ein Nutzer, die Seite aufruft, wird sie per XSLT generiert und angezeigt. Der XML-Content (hier war es DITA, was hier aber sekundär ist) liegt hierbei direkt auf dem Server. So bekommt der Nutzer absolut frischen Content und wir Redakteure müssen nicht mehr dem Umweg über Publizieren und dann Builds machen, sondern können Content-Änderungen direkt in die Welt raushauen. Zudem ist der Content direkt auf den Nutzer zugeschnitten, auf sein Endgerät, seine Sprache etc.

Dazu stellte Jang auch einen Workflow vor, bei dem er über das HTML5-Attribut editable eine Möglichkeit gefunden hat, auch die generierte Seite zu bearbeiten und die Änderungen wieder in den DITA-Quelldatei zurück zu überführen. Was gerade bei kleinen Änderungen oder auch Reviews eine ziemlich praktische Angelegenheit ist, denn diese könnte man so sehr einfach auch SMEs machen lassen, ohne dass diese sich mit XML-Dateien herumschlagen müssen.

Und wie geht das?

Leider hab ich in dem Vortrag wirklich konkrete Ausführungen dazu vermisst, wie das ganze gelöst ist, wie der komplette Prozess im Detail aussieht (auch technisch gesehen), wie ich die DITA-Files organisiere, mit was publiziert wird. So war der Vortrag erst einmal nur ein kleiner Anstoß zum Überdenken schon ziemlich etablierter Arbeitsweisen und dass es auch anders geht.

Ich hoffe, dass es bald konkreter wird – zumindest hat Jang angedeutet, dass er da eine richtige Lösung bauen (anbieten?) will. Ich werde mir diese Möglichkeit in den nächsten Wochen jedenfalls auch mal genauer anschauen.

(Als ich übrigens einem Entwickler von diesem XSLT-On-Demand-Web-Publishing erzählte, schlug der allerdings die Hände über dem Kopf zusammen: Das gäbe doch nur Performance-Probleme und potentielle Sicherheitslücken. )

DITA & Deutschland

Leider war ich in diesem Jahr nur am 2. Tag auf der tekom-Tagung und habe so die beiden Sessions verpasst, die sich eher kritisch mit DITA auseinander setzten oder wie Sarah O’Keefe sie zusammenfasste: DITA is bad. Die Tweets dazu waren sehr unterhaltsam und ich hätte die Diskussionen gerne live erlebt.

Es hat sich hier wieder der Eindruck manifestiert, dass Deutschland ziemlich DITA-feindlich ist.


Und das alles hat mich einmal zu einer kleinen Bestandsaufnahme inspiriert, die mir schon lange im Kopf herumschwirrt. (Und ja, ich hab schon ein bisschen überlegt, ob ich nach der ganzen Aufregung auf Twitter jetzt wirklich noch was dazu schreibe. Aber hey, wenn ich schon in den Blog-Flow komme, sollte ich besser nicht aufhören).

Die Verbreitung in Deutschland

Ich beobachte den deutschen Stellenmarkt seit gut 10 Jahren und seit ein paar Jahren auch den Projektmarkt, und tatsächlich kann ich DITA-Projekte oder Stellenausschreibungen, die DITA-Kenntnisse forderten, an einer Hand abzählen. Kleiner Hinweis: Man ist also zeitweise sehr gefragt, wenn man sich hierauf spezialisieren will, oder über lange Strecken gar nicht 😉

Meine Erfahrung deckt sich ganz gut mit dieser Grafik von Keith Schengili-Roberts.

Wie kommt das? Warum ist DITA in den USA so durchgestartet und hier in Deutschland (noch) nicht? Ich persönlich glaube nicht, dass es daran liegt, dass DITA in irgendeiner Weise schlecht wäre oder es hier total viel bessere Lösungen gäbe. Es gibt nie nur eine Lösung.

DITA – Alter Wein in neuen Schläuchen?

Soweit ich das beurteilen können arbeiten hier viele Unternehmen schon länger XML-basiert als es DITA gibt und dementsprechend haben sie schon eigene Standards und Prozesse. CMS-Hersteller haben entsprechende Lösungen entwickelt. Was also den Bereich Standardisierung/Modularisierung angeht, ist DITA hier erst einmal nichts Neues. Ist es also die Ablehnung nach dem Motto: „Alter Hut, machen wir schon viel länger.“ ? Das alleine kann es nicht sein, denn es gibt immer noch genug Firmen, die völlig unstandardisiert arbeiten und für die DITA genau das Richtige wäre.

Alles eine Frage der Kultur?

Sind die Deutschen vielleicht zu zögerlich? Ich kann mir gut vorstellen, dass das ein Faktor ist.  Gerade in den Branchen Maschinenbau/Elektrotechnik, die um xml-basiertes Arbeiten kaum drumherum kommen, ist man doch generell etwas vorsichtiger und konservativer. Man traut einem relativ neuen Standard vielleicht nicht so sehr (was sind in dem Bereich ganz ernsthaft schon 10 Jahre?) und verlässt sich lieber auf etablierte CMSe , weil das die vermeintlich sichere Schiene ist (Nur um es gesagt zu haben: ich hab nix gegen CMSe!).

Und was ist dann mit der IT-Branche, die in Deutschland doch auch wahnsinnig wächst? An dieser Stelle bin ich etwas ratlos. Es gibt einige große Unternehmen, die DITA einsetzen, aber insgesamt ist auch hier DITA kein großes Thema.  Ist es so, dass die Doku hier noch weiter unten priorisiert wird, weil man nicht so starken rechtlichen Druck hat und deswegen „irgendwie“ arbeitet? Braucht man XML in der SW-Doku generell nicht so sehr? Was meint ihr?

DITA, der Hammer und der Nagel, oder so

Das muss ich noch kurz erwähnen: Obwohl ich ja schon ziemlich überzeugt bin von DITA, setze ich es auch nur da ein, wo es Sinn macht. Als Beraterin im Bereich TD ist es die Aufgabe herauszufinden, was der spezielle Kunde wirklich braucht. Und das eben nicht nach dem Motto: „Wer als Werkzeug nur einen Hammer hat, sieht in jedem Problem einen Nagel.“ Berater und Firmen in allen Branchen arbeiten vielleicht oft so, aber das ist ein ganz anderes Thema. Auf jeden Fall fand ich das Zitat aus der gestrigen Session von Uwe Reißenweber (bitte beachten: von der DERCOM, dem Verband dt. CMS-Hersteller) wirklich großartig in seiner Ironie:

Hey, es gibt immer mehr als eine Lösung  und in diesem Sinne:

Und jetzt?

So, es sind also nur locker-flockige 2,5 Jahre seit dem letzten Blogpost vergangen. Ich schiebe das Blog-Thema ja schon so eine Weile vor mir her. Soll ich es archivieren? Wie fange ich wieder an? Über was blogge ich? Nach 1 Jahr Elternzeit müssen sich die Synapsen ja auch erst einmal wieder auf das Thema Redaktion & Co. einstellen. Und mit einem Mama-Blog verschone ich euch mal 😉

Und bevor ich anfange einen Redaktionsplan zu erstellen und sonst irgendwelche tollen Masterpläne, sag ich einfach mal: Da bin ich wieder. Und ich werde wieder öfter da sein 🙂

 

 

Mit DITA um die Welt – tekom-Jahrestagung 2012

Die tekom-Jahrestagung 2012 ist überstanden und es war mal wieder sehr interessant und schön dabei zu sein.

Vorab gibt es hier erst einmal die Folien zu meinem Vortrag „Mit DITA um die Welt“. Der Rückblick folgt in den nächsten Tagen. Ich gehöre nicht zu den Schnell-Bloggern wie Kai oder Sarah, die ihre Eindrücke wirklich rasend schnell online hatten.

Und hier noch der Beweis, dass ich ihn tatsächlich gehalten habe 😉
(Special thanks to Axel)

Vortragsbild "Mit DITA um die Welt"

Redakteuse live – tekom Jahrestagung 2012

Die tekom-Jahrestagung in Wiesbaden rückt näher und selbstverständlich bin ich wieder dabei. Auch in diesem Jahr gibt es einen großen Track zum Thema „Content Strategy“, der wieder mit einer Vielzahl an interessanten Vorträgen lockt. Aber auch ansonsten klingt das Programm sehr vielversprechend und daher wird es wieder wie immer schwer sich zu entscheiden, in welchen Vortrag man letztlich geht.

Ganz besonders würde ich mich freuen, wenn der eine oder andere sich für einen meiner Vorträge entscheidet 🙂

Mit DITA um die Welt
Hier erfahrt ihr alles, was ihr wissen müsst, um eure DITA-basierte Dokumentation fit für die Welt zu machen.

The strategic technical communicator
In diesem englischsprachigen Panel sprechen Nicky Bleiel, Sarah O’Keefe, Tony Self und ich über berufliche Strategien für Technische Redakteure. Dabei werde ich vor allem über Strategien für angehende Freiberufler sprechen – ein Thema, das bei mir ja noch relativ frisch ist.

PS: Am Dienstagabend gibt es im Foyer eine kleine Welcome Party von Atlassian und k15t Software, die nun auch als Location für ein TR/techcomm-Tweet-up dient. Man sieht sich spätestens dort 🙂