Diese Woche bekam ich eine Anfrage einer zukünftigen TR-Studentin, die gerade etwas verunsichert ist:
Seit ich die Zusage habe stolpere ich aber eigtl. nur noch über Berichte, wie langweilig und undankbar der Job als Technische Redakteurin sei und dass sowieso die meisten nicht lange in diesem Job durchhalten. Langweilig deswegen, weil es oft nur noch darum ginge, die von den Entwicklern gelieferten Texte in die Doku zu kippen. […] Wie beurteilst du denn die Punkte Langeweile und Undankbarkeit? Was denkst du, sollte man unbedingt mitbringen, wenn man diesen Beruf ausüben will?
Suche dir eine interessante Branche
Das ist für mich einer der wichtigsten Punkte. Bei mir waren es schon immer Software und Internettechnologien, die so mein Steckenpferd waren. Für mich sind die Recherche und das Ordnen meiner Ergebnisse mitunter die interessantesten Aspekte an der Arbeit und da sollte einen der Gegenstand doch etwas mehr interessieren. Einen Ausflug in die Elektrotechnik habe ich z.B. sehr schnell beendet, da ich kein besonderes Faible dafür habe. Ich konnte mich schon in die Materie einarbeiten, aber am Ende fiel es mir immer schwer mich in den Installateur oder Inbetriebnehmer hinzuversetzen – und dementsprechend habe ich sicherlich auch nicht die besten Hilfetexte meiner Laufbahn abgeliefert. Es war einfach nichts für mich.
Suche dir deine Schwerpunkte
Ich hab schon die Vielfalt des Studiums, des Jobs und der späteren Möglichkeiten erwähnt. Man kann sich seinen Schwerpunkt suchen und den möglichst bei der Jobwahl berücksichtigen. Wenn ich bspw. feststellen würde, dass ich nur Entwicklertexte in ein Worddokument reinkopieren und umformatieren soll… DAS ist keine technische Redaktion.
Mach was draus
Was ist, wenn man schon im Job steckt und nicht so ganz zufrieden ist? Nun, ein Weg ist mal zu schauen, was der Horizont um einen hergibt. Also Augen offen halten und selbst aktiv werden. Was kann man bspw. im Team und in der Zusammenarbeit optimieren? Du merkst z.B. dass es doch immer wie zu Inkonsistenzen beim Schreiben kommt, weil der Redaktionsleitfaden nicht eindeutig ist. Hey, organisiere ein regelmäßiges Review von Texten und ggf. das Update des Leitfadens. Oder du fängst mal an überall für Terminologiearbeit zu werben, weil diese aktuell nur von der TR betrieben wird.
Bringe folgendes mit
Neugier, Geduld (auch bekannt als: Leidensfähigkeit und langer Atem), gute Strukturierungsfähigkeit, ein bisschen Unnachgiebigkeit (auch bekannt als: den Technikern mit 100 Rückfragen alles aus der Nase ziehen), ein bisschen Kämpfertum (auch bekannt als: und wir kriegen euch alle dazu diesen Term zu verwenden!). Und natürlich: einwandfreie Sprachkenntnisse und Interesse an Technik.
Akzeptiere einiges… 🙂
Gegen die Langweile kann man schon vorab sehr viel tun – das ist meine Meinung. Außer man ist vielleicht in einer sehr strengen und unflexiblen Umgebung, aber für mich wäre sowas schon mal gar nichts 😉
Und nun zurUndankbarkeit… ja… das ist so. Jeder kann schreiben (handwerklich gesehen) und manche verstehen nicht einmal den Unterschied zwischen dem vom Entwickler geschriebenen Text und dem vom Redakteur (ok, das sind echt die ganz harten Nüsse, die man am besten ab sofort mit dem bösen Blick straft). An der TR wird gern gespart – mit Zeit, Geld und Anerkennung. Manchmal kann man die Hilfe nicht so gut machen wie man gerne möchte, manchmal kriegt man doch wieder einen Term um die Ohren geklatscht, den das Marketing dann bitte doch anders haben möchte… Manchmal kriegt man einfach echt nur die Krise.
Das muss man teilweise einfach ertragen können – und teilweise muss man einfach so kämpferisch sein und unermüdlich immer wieder die Wichtigkeit des eigenes Berufs betonen. Für mich ist dieser Beruf gerade wegen seiner Vielfalt noch immer genau mein Ding. Früher sah ich es als Makel ein Allrounder zu sein, so nach dem Motto: man kann viel, aber nichts zu 100%. Inzwischen weiß ich, dass auch 75-80% langen und genau das mein Vorteil ist 🙂
Nachtrag: Sehr interessant hierzu ist auch der Artikel Tired of technical writing? How I revjuvenated my career